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Evaluitis

Es geht alles sehr schnell in dieser Regierung: neue Gesetze zum 12-Stunden-Arbeitstag, zur Abschaffung der Lehre für Asylwerberinnen und Asylwerber, zum Kürzen des Kindergelds für den Nachwuchs von Pflegerinnen aus Rumänien und Polen. Speed kills, das war das Motto von Schwarz-Blau eins, ausgerufen damals von Andreas Khol, der als hochgeistiger, künstlerisch interessierter Intellektueller erscheint angesichts des Personals, das heute am Werk ist.

Der Kulturminister scheint nur wenig Interesse an Kunst zu besitzen. Sein Verhalten bei der Preisverleihung an Zadie Smith dürfte der Herr Schäfer-Elmayer aus Benimm-Perspektive nicht absegnen, im Gegensatz zum außenministeriellen Kniefall vor einem Autokraten. Was ist denn das für eine Kinderstube, eine der wichtigsten literarischen Stimmen der Gegenwart bei ihrer Rede einfach stehen zu lassen? Blümel hat seine gesamte berufliche Karriere in der Politik verbracht, das unterscheidet ihn von seinen Vorgängern und Vorgängerinnen. Vielleicht bringt er deswegen nur wenig Interesse und Verständnis dafür auf, wie Menschen im Kulturbetrieb arbeiten. Denn wie würde sich sonst erklären, dass die Albertina noch immer nicht genau weiß, wie sie weiter machen soll mit der Sammlung Essl? Dass nach einem halben Jahr an „Gesprächen“ unklar ist, ob eine Finanzierung gewährleistet ist? Dem Haus der Geschichte geht’s noch schlechter: Wenn die eine – fixierte – Million Euro für 2019 nicht aufgestockt wird, dann werden Leute entlassen werden müssen. Jetzt, wenige Monate vorher, weiß die Direktorin Monika Sommer noch immer nicht, ob eine zusätzliche Finanzierung kommen wird oder nicht. Aber dafür ist bereits eine Evaluierung geplant. Wann sie beginnt, was sie umfasst, welche Entscheidungen daraus resultieren werden, wer sie überhaupt machen soll: Darüber lässt Blümel die Verantwortlichen im Unklaren. In der Zwischenzeit schwirren Vermutungen und Halbaussagen zu einem Fotomuseum herum, niemand weiß von etwas. Die erste Pressekonferenz des Kulturministers, in trauter Zweisamkeit mit dem Koalitionspartner abgehalten, drehte sich um das UNESCO-Weltkulturerbe und diente vor allem dazu, die rot-grüne Wiener Stadtregierung anzuschießen. Wenn schon sonst alles im Diffusen verbleibt: Immerhin sind die Feindbilder klar definiert.

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Abbildung: Bundesminister Gernot Blümel (l.) gemeinsam mit Vizekanzler Heinz-Christian Strache (r.) eine Pressekonferenz anlässlich des jährlichen State of Conservation Reports der UNESCO am 1. Februar 2018. Foto: BKA / Andy Wenzel

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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