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Ein patschertes Skihaserl

Es wurde ja schon einiges gesagt und geschrieben zu den Plakaten Christian Ludwig Attersees, das eine nackte Skifahrerin zeigt. Doch ist die „Aufregung“ tatsächlich „übertrieben“, wie Belvedere-Chefin Stella Rollig meint (das Haus zeigt demnächst eine Einzelausstellung des Malers)? Wird wirklich die Freiheit der Kunst in Frage gestellt, wenn man die Darstellung kritisiert, wie mancherorts insinuiert wurde? Oder spricht etwa gar eine neue Prüderie aus der Diskussion?

Kollegin Almuth Spiegler hat in der „Presse“ sehr gut beschrieben, welchen Status die männliche und weibliche Nacktheit im Werk von Attersee hat. Doch so gerne man das Sujet in diese Linie einreihen würde: Ein Werbeplakat ist halt etwas anderes als ein Gemälde, hergestellt für Museen oder Privathaushalte. 

Ein Gemälde besitzt im Idealfall mehrere Ebenen, ist für das langsame Beschauen gedacht. Eine Werbung soll in einer Sekunde erfasst werden. Es ist fraglich, ob das bei einem Attersee überhaupt geht. Aber dass eine strauchelnde Skifahrerin ohne Bekleidung die beste Werbung für einen Weltcup ist, muss man ohnehin bezweifeln. 

Doch vielleicht sind die Stellungnahmen des Österreichischen Skiverbands sowie von Attersee selbst noch aussagekräftiger als das Plakat selbst. „Es lag uns wirklich fern, mit der Arbeit eines bedeutenden Künstlers die Befindlichkeit von Betrachtern in irgendeiner Weise zu verletzen“, ließ ÖSV-Generalsekretär Klaus Leistner wissen. Allein die Wortwahl lässt schon darauf schließen, wofür er seine Kritikerinnen hält: erstens für von „Befindlichkeiten“ gesteuerte Wesen. Und zweitens für Männer. Die differenziertere Entgegnung schrieb der Künstler selbst, der von einer „Darstellung der Frauenwelt“ fabulierte. Die Welt einer Anna Veith ist wohl eine diametral andere als meine, aber egal: Frauenwelt ist Frauenwelt. Attersee meinte weiters: „Ich betrachte den Entwurf zu dem Plakat als ein Kunstwerk für die Öffentlichkeit, in dem die Kraft, Eigenständigkeit und das Selbstbewusstsein der Frauen positiv gezeigt wird.“ In dem Bild ist leider genau gar keine kräftige, eigenständige oder selbstbewusste Frau zu sehen, sondern eine ziemlich unbeholfene und unsichere. Sie beherrscht nicht mal ihr Metier, baut mit ihren gekreuzten Beinen offenbar gerade einen ordentlichen „Anfängersturz“, wie es Nicola Werdenigg nannte.

Und er beruft sich auf Alte Meister. Im Kunsthistorischen Museum fände man „auf jedem zweiten Bild entkleidete Frauen.“ Das ist nicht von der Hand zu weisen. Nur: Es geht ja nicht um die Nacktheit in der Kunst. Sondern erstens um die Darstellung der in Wirklichkeit recht toughen Sportlerinnen als patscherte Skihaserl und zweitens darum, dass man nackter Frauen in der Werbung echt schon überdrüssig ist.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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