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A Passion for Drawing - Die Sammlung Guerlain: Die feinen Unterschiede

Oder wie man dem intimen Medium Zeichnung Raum verschafft.

Zugegeben, ich habe mir auch die Albrecht Dürer Schau – welche gleichzeitig mit der “A Passion for Drawing” in der Albertina zu sehen ist – angesehen und war von der Menge und Qualität der Arbeiten überwältigt. Allerdings habe ich danach ,mein eigentliches Ziel, jenen Teil der Sammlung Guerlain der normalerweise im Centre Pompidou zu sehen ist, nicht weniger genossen.

Ganz im Gegenteil entfalten die expressiv schönen Kohlezeichnungen von Joyce Pensanto einen schaurigen Charme der bei Dürer nicht denkbar wäre. In diesen werden Comic Helden wie etwa Mickey Mouse expressiv abgründig aufgeladen und ihre vermeintliche Psychologie ergründet.

Explizit politisch präsentieren sich einige, gewohnt meisterhaft umgesetzte, Tusche-Kohle Zeichnungen von Robert Longo, welche auf den Irak-Krieg und den Ku Klux Clan verweisen. In der beinahe zu aufgeräumten Atmosphäre der wenigen Räume finden sich allerdings auch höchst humorvolle Blätter, wie die virtuos in Aquarell und Feder gehaltenen Bilder des relativ jungen Kanadiers Marcel Dzama. In seinen von literarischen Anspielungen und Zirkusromantik geprägten Szenerien hat das absurd Komische immer auch einen melancholischen Beigeschmack.

Um das wichtigste Gestalungselement der Zeichnung (die Linie) drehen sich dagegen, nicht ohne gesellschaftskritischen Hintergrund, die “Bullet Drawings” von Cornelia Parker. Ein aus dem Metall einer Pistolenkugel gezogner Draht wird als feines Gitter so vor ein Blatt Papier gespannt, dass der Draht und der von ihm geworfene Schatten eine feine Struktur aus Linien ergeben.

Einen Ausflug aus dem rein europäisch-westlich geprägten Kunstverständnis bieten die wundervoll verspielt-sensiblen mangaähnlichen Figuren von Aya Takano.

Dass Namen wie Kiki Smith oder Mark Dion in der doch recht überschaubaren Auswahl an KünstlerInnen nicht fehlen, scheint lobenswerterweise, eher einem logischen Zusammenhang der Themen ihrer Arbeiten und nicht dem Wunsch eine möglichst beeindruckende Liste an Werken zu präsentieren, geschuldet.

Es scheint fast so, als wäre das intime unspektakuläre Medium Zeichnung einfach nicht geeignet, um sich marktschreierisch wichtig zu machen. In diesem Medium sind es die feinen Unterschiede, die zählen, und genau wie im Gesellschaftsleben ist es oft eine unscheinbare Geste oder ein unbewusstes Zeichen, das den entscheidenden Unterschied zwischen Erfolg und Scheitern macht. In diesem Sinn ist es eine souverän gelungene Ausstellung die sich selbst neben der großen Dürer-Schau zu behaupten vermag.

Mehr Texte von Wolfgang Pichler

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A Passion for Drawing - Die Sammlung Guerlain
11.10.2019 - 02.02.2020

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


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