Tillman Kaiser - Im Dom: Das Tor bleibt offen zur magischen Welt
Nachthimmel, Luftballons, More Blood, Das Bett des Harpuniers, Antilopenleber (alle 2018), Slave (2011), Kassettenständer, Sweet Charlot, Dom und Sessel (alle 2019) formieren sich zu einem Andachtsraum. „Im Dom“ lenkt nichts von den Werken ab. Das Licht fällt sanft auf Tillman Kaisers Wesenheit(en) und setzt eine Welt, in der „Fixiertes aus der Luft gegriffen“ ist. Man nähert sich nicht einem anderen Universum an, sondern wird sogleich beim Betreten des Raumes von diesem absorbiert.
Darin befindet man sich inmitten rasterhafter Strukturen in Kugelschreiber, Bleistift und Farbe, Stühlen, einem Vogelkäfig ähnelndem Kirchenmodell, ritueller Masken, Augen, Zahlen oder einem Uhrturm ohne Zeiger. Gesichter, vielmehr Fratzen sind auf uns gerichtet, scheinen anderswo, eingesperrt. Neben anderen setzt sich auch das Motiv des Gitters im Raum fort. Ohnehin fällt die Trennung zwischen Bild, Objekt, Raum und Körper schwer. Alles scheint in einem Dialog aufzugehen. Unzählige Schnittpunkte bilden eine wilde Anordnung, Un-Ordnung und schaffen einen Ort, der das Repetitive als Oberfläche betont, jedoch dechiffriert verlauten lässt: „Mit Hilfe der Fantasie deutlicher Leben.“
Im Hauptraum der Secession hat der österreichische Künstler Tillman Kaiser auf einer Fläche in Blau, Weiß, Grau Gemälde mitunter in einer Reihe und Objekte inklusive einer Skulptur von Stano Filko zum Teil auf niedrigen Podesten einer Collage ähnlich im Raum installiert. Für seine Arbeit(en) nutzt er Techniken wie Schwarz-Weiß-Fotografie, Eitempera und Cyanotypie auf Papier auf Leinwand sowie verschiedene Materialien wie Bronze, Karton, Eisen, Holz, Betonstahl und Eisen und erzeugt damit perspektivische Verzerrungen – Linien, Faltungen bzw. Strukturen, die sich zu einer Geste verdichten. Der Sinn des Ganzen bestimmt die Bedeutung der Eindrücke. Ähnlich einem Negativ konstruieren Spiralen als immer wiederkehrendes und sich fortführendes Thema eine Konzentration, die Kaiser auf der anderen Seite des Spiegels erkennbar werden lassen. Er scheint uns in seine Tiefen zu ziehen und daran zu erinnern, dass die Welt der Träume „hinter dem Spiegel“ liegt. Durch die Wiederholung der Motive, gesprungenes Glas oder Schatten zeigt sich die reichhaltige Symbolik (un)leserlich. Es bedarf einer horizontalen Drehung: „Mit meinem Fuß war es tatsächlich besser geworden. Die Antilopenleber hatte mir geholfen. In den folgenden Tagen lief ich fast mit der gleichen Leichtigkeit wie das erlegte Tier vor seinem Tod.“
Davor stehen, sitzen, gehen also – sich darin bzw. drumherum bewegen. Die Gespräche der Besucher*innen stören fast. Die Arbeiten scheinen Stille einzufordern, obwohl eine Kirche oder Kathedrale in den Augen des Künstlers keine Funktion erfüllt, ein Gesamtkunstwerk ist aus Architektur, Bildhauerei und Malerei und ihre Schönheit Selbstzweck. Trotzdem pst!, herhören: „Das Tor bleibt offen zur magischen Welt. Dem Auge fern, dem Herzen nah.“
13.09 - 10.11.2019
Secession
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