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Richard Gerstl - Inspiration -Vermächtnis: Unhörbare Explosion

Fritz Wotruba über Richard Gerstl: "Als Richard Gerstl die Familie Arnold Schönberg malte, wurde das kein Bild, sondern eine Explosion, aber sie erfolgte in Österreich und daher war sie unhörbar und bis jetzt eigentlich auch unsichtbar...."
Dieses Zitat gilt noch immer - und nicht nur für Gerstl.

Ohne Rudolf Leopold und davor (Richard Gerstls Bruder) Alois Gerstl und Otto Nirenstein (Kallir), wäre dieser Ausnahmekünstler wohl in Vergessenheit geraten. Wie so oft - wenn man zu den ersten seiner Art gehört - gilt man als Exote oder wird nicht ernst genommen.

In die Wiege gelegt wurde Richard Gerstl (geboren 1883) die Kunst sicher von seiner Mutter Maria, die Richard und seine zwei älteren Brüder August und Alois wohlbehütet in einem vermögenden Familienkreis aufzog. Der Vater Emil, der aus der Westslowakei nach Wien zugezogen, es durch Börsenspekulationen zu einem beträchtlichen Vermögen gebracht hatte, unterstützte den Künstlersohn zeitlebens auch finanziell.

Nach der Grundschule erhielt das Ausnahmetalent ab 1897 privaten Zeichenunterricht beim Akademieschüler Otto Frey und besuchte weiters die Zeichenschule "Aula", geleitet von Ladislaus Rohsdorfer. Dies war dann auch seine Basis für die Aufnahmeprüfung für die Akademie der bildenden Künste 1898, die er im Alter von erst 15 Jahren auch bestand.

Drei Jahre konservatives Kunstverständnis bedeuteten 1901 den Abgang der Akademie, da sich der junge Künstler nach neuen Ausdrucksformen in der Kunst sehnte. Seine erste Station war Nagybanya in Siebenbürgen, wo er auf Gleichgesinnte stiess.

In Wien selbst distanzierte sich Gerstl immer mehr von den Kollegen und hielt nur zu seinem Akademiekollegen Victor Hammer und zu dem Anwalt Waldemar Unger näheren Kontakt. Neben der Malerei war es die klassische Musik aber auch die Philosphie und die Psychoanalyse, die ihn trieben. Der französische Impressionismus, der 1903 in der Secession in Wien ausgestellt wurde war wohl ebenso wegweisend wie Edvard Munch und Ferdinand Hodler, die im darauffolgenden Jahr gezeigt wurden.

Dank gesteigerter Reputationen und Anerkennung am Kunstmarkt lernte Richard Gerstl 1906 Arnold und Mathilde Schönberg näher kennen. Nicht nur Porträtaufträge und der private Malunterricht sondern vielmehr das gemeinsame Interesse für das Neue band Gerstl an den "Schönberg Kreis". 1907 und 1908 folgten gemeinsame Sommeraufenthalte am Traunsee. Letzterer endete tragisch, da das intime Verhältnis von Richard Gerstl und Mathilde Schönberg aufflog, was einen Bruch zum Schönberg Kreis - für Gerstl aber einen persönlichen Zusammenbruch - bedeutete, dessen Leben durch Selbstmord am 4. November 1908 beendet wurde.

23 Jahre lang wurden Richard Gerstls Werke - in Kisten bei einer Spedition gelagert - von der Öffentlichkeit versperrt verwahrt. Erst 1931 war es der Bruder Alois Gerstl, der das Oeuvre dem Galeristen Otto Nirenstein (Kallir) zeigte. Viel war schon zu Lebzeiten des Künstlers vernichtet worden, doch was erhalten blieb begeisterte den Galeristen. Die erste Aufarbeitung der Werke entstand. Monografische Ausstellungen wurden 1931 in Wien, 1932 in München, Berlin und Köln, 1933 in Aachen und 1935 in Salzburg gezeigt.

Um 1960 nahm der Kunsthistoriker Otto Breicha intensive Forschungen zum Oeuvre auf. Aus der Obhut von Otto Nirenstein (Kallir) gelangten 18 Werke an die Galerie Würthle, deren künstlerischer Leiter Fritz Wotruba war. Neben der Eigentümerfamilie war es Rudolf Leopold, der Gerstl sammelte. Gegenwärtig befinden sich im Leopoldmuseum 19 Werke, wovon vier Leihgaben sind und der Rest Teil der Sammlung ist.

Das Kunsthaus Zug, das die Wiener Ausstellung 2020 übernimmt, beherbergt die Sammlung der Familie Kamm. Die beiden Häuser, die die Gerstl-Leidenschaft verbindet, setzen sich auch gemeinsam für die Gerstlforschung und Präsentation der Werke ein und werden zukünftig das Gerstl-Archiv im Leopold Museum führen.

Wie bedeutend das Oeuvre von Richard Gerstl - auch oder gerade heute - ist, zeigt die Gegenüberstellung von Vorbildern, Zeitgenossen und heute aktueller Werke von Günter Brus, Martha Jungwirth, Willem de Kooning, Otto Mühl, Edvard Munch, Hermann Nitsch, Arnulf Rainer, Egon Schiele, Rudolf Schwarzkogler und Arnold Schönberg.

Mehr Texte von Iris Stöckl

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Richard Gerstl - Inspiration -Vermächtnis
27.09.2019 - 20.01.2020

Leopold Museum
1070 Wien, Museumsquartier
Tel: +43 1 525 70-0, Fax: +43 1 525 70-1500
Email: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org
http://www.leopoldmuseum.org
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h


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